Ankunft

Der Staub von vielen Straßen bedeckte die weite und bunte Kleidung. Die Sonne schien nur mit wenig Erbamen auf die Flora und Fauna der Markgrafschaft Dataron. Besonders die Reisenden hatten unter den heissen Tagen zu leiden, die bereits zwei Wochen das Erdreich ausdörten und nur zu den späten Nachtstunden etwas Abkühlung zu ließen. Flirrende Luft und kleine Staubwolken prägten die Aussicht über das weite Land. Lustlos und schleppend kamen schwer beladene Kutschen vorran, längst war selbst den Treibern die Kraft ausgegangen ihre Zugtiere lautstark anzutreiben. Obwohl sich vieles bewegte und in verschiedenen Abständen, doch stetig, die Reisenden die Wege und Straßen bevölkerten, war kaum ein Laut zu vernehmen und wenn, dann waren sie nur unliebsame Begleiter, die man nicht von sich weisen konnte. Das Knarzen von trockenem Holz, wenn sich ein Rad durch eine Mulde oder über einen Stein quälte, entkräftetes Blöcken und Schnaufen der Tiere und Arbeiter.
Seine Kleidung war es nicht allein, die sich von diesem schleppenden, brütenden Bild abzeichnete. Sein Schritt war leicht und federnd. Aus dem Tuch, welches seinen Kopf bedeckte, hatten sich hier und dort eine Strähne, Glöckchen oder Federn befreit und wogten sich im Takt seiner Schritte oder klimpernten eine losgelöste Liedchen vor sich hin.
Seine Schritte zogen an Wandernden und Kutschen vorbei, immer ein lächeln auf dem Lippen und ein Lied in den Ohren, es war nicht mehr weit.
Sein Schicksal schien auch andere zu beeinflussen, besonders die, die ihm nahe standen. War es doch sein Schicksal nie lange an einem Ort zu verweilen, doch zwang es sich nun auch anderen auf. Sie hatte ihre Heimat verlassen, war fortgezogen und hatte sich nun hier niedergelassen. Sie würde sich bestimmt freuen ihn zu sehen, er freute sich bereits und es kribbelte ihn in den Fingern, denn zu feiern, das wußte sie.
So schritt der Barde durch ein weites Tor, durch den Schatten und genoß einen Moment einen kühlen Luftzug.
Doch wo war die Taverne... er schaute sich kurz um und schritt einfach in die Straßen hinein, er würde sie schon finden.

Geschäftig schritt sie durch die engen Gassen, in den Händen die Baupläne, gleich mehrere Schriftrollen, den Kopf ungleich voller. Sollte sie nun die Simse aus Buchenholz zimmern lassen, oder lieber rohe Birkenhölzer nehmen, mit der prächtigen, weißen Rinde nach oben? Grob gezimmerte Holztische und Bänke oder lieber Tische und Hocker? Bestuhlung im Freien, und aus welchem material die Überdachung? Sollte sie einen Segelmacher von der Küste kommen lassen, oder einen Überstand aus Holz und mit Schindeln belegen lassen. Fragen über Fragen schwirrten in ihrem Kopf. Zum Ausschank lieber Krüge oder Becher? Den Herd in der Küche in die Mitte stellen lassen, oder lieber an eine Wand? so eine Eröffnung war wie die Erschaffung eines Kunstwerkes oder eines Kindes. Alles musste komplett durchdacht und geplant werden. Selbst die Gästezimmer. Waren nun Strohsäcke als Matratzen besser, hier konnte man nach dem gast einfach das Stroh wechseln. Oder sollte sie in das Bettgestell Heu füllen lassen und mit festen Tüchern bespannen lassen.

Im Vorbeieilen beobachtete sie das Gesinde des Bäckers, die die Betten aus dem Fenster schüttelte und denen sie freundlich zunickte. Weitere Gebäude folgten, auf der Strasse begegnete sie einem der lustig vor sich hin klimperte, Gion dachte sie, auch einmal wieder unterwegs. Irgendwie schaffte dieser Mann es nicht seine bunte Kleidung in Ordnung zu halten. Immer wenn sie ihn wieder sah, war sie irgendwie oder irgendwo zerschlissen, Bänder angerissen oder einfach durcheinander.

Gion!

Ruckartig blieb sie stehen und gaffte dem einzelnen Mann hinterher. Die Statur, die Größe, die Bewegungen, das musste er doch sein. Mit schnellen Schritten lief sie ihm hinterher.

Gion, seid Ihr das?

Die Stimme kannte er gut, manchmal mochte er zwar ein Gesicht vergessen, aber eine Stimme, die merkte er sich immer. So schritt er lächelnd noch einige Schritte aus, malte sich aus, wie sie mit einigen schnellen Schritten hinter ihm herlief. Natürlich konnte es sein, dass er sie wegen des Straßenlärms nicht hörte, gerade das reizte ihn. Ohne sihc nach außen hin zu eilen oder gar zu sputen trat er einen Schritt in die nächste Gasse, als wäre es die ganze Zeit sein Ziel, sein Weg gewesen. Aus dem nächsten Schritt heraus, sprang er nach oben, griff mit beiden Händen einen hervorstehenden Tragbalken und zog sich mit einem Aufschwung hinauf. Keine drei Herzschläge später saß er auf dem Dachrand und schmunzelte hinunter, als Lara in die Gasse schaute.

Ihr Gedankengang wurde noch jäher unterbrochen als derjenige den sie für Gion hielt seine Schritte beschleunigte. Indem Wissen, dass er es wirklich nur sein konnte, blieb sie jedoch verblüfft stehen und schaute ihm erstaunt, überrascht, hoch erfreut hinterher. Alles zugleich, was zu ihrer völligen Verwirrung beitrug.

Gion

Rief sie ihm fragend hinterher. Und schon war er in die nächste Gasse gebogen. Sie setzte sich wieder in Bewegung und ging denselben Weg den er auch gegangen war. Am EIngang der Gasse blieb sie jedoch wieder wie angewurzelt stehen. Wo war er denn nun hin? Sicher trieb er einen Schabernack mit ihr. Sie schmunzelte und rief gleich noch einmal, doch diesmal mit erfreuter und heller Stimme

Gion

Wie konnte man jemanden widerstehen, der mit solcher Freude einen Namen ausrief. Lächelnd lehnte er sich weiter nach vorne und betrachtete sie von dort oben, man konnte sicherlich mehr sehen, als der Ausschnitt eigentlich zeigte.

Lara, es freut mich dich zu sehen, dachte ich mir doch gleich, dass es nur deine Stimme sein konnte, die so herrlich lebendig und freudig durch die Straßen hallte. Wie der Gesang eines Singvogels, vermag es deine Stimme bezaubernd aus allen anderen Geräusche hervorzustechen.

Flink kletterte er wieder hinab, das letzte Stück sprang er hinunter und kam klimpernd und als wildes Rascheln und Wirbeln aus Haaren, Schmuck und zahlreichen Tand zum Stehen.

Es mag ein Zeig der Götter sein, dass wir uns wieder getroffen haben. Ich hoffe es geht dir gut und auch dieses Land mag es das Geschenk deiner Anwesenheit zu erwidern, wie auch der Wald sich besonders schöner Blumen rühmt, in dem er für sie eine Lichtung schafft.

Eine tiefe Verbeugung folgte sogleich, erneut begleitet von hellen Klimpern, leises Klackern und freundlichen Klingeln.